07/2022
Mensch und Maschine, ein unschlagbares Team – Warum wir auch in Zukunft menschliche Superkräfte brauchen!
Es geht mir wie vielen:
Den einen Tag folge ich meinem Navi blind auf den Weg nach Hamburg, den anderen Tag ärgere ich mich über die personalisierte Werbung, die mich schon wieder unerwünscht erreicht. Sobald ich weiß, wie stark die Technologie mich beeinflusst, probiere ich Abstand von ihr zu gewinnen und beginne meinem eigenen Urteilsvermögen wieder mehr zu trauen.
Und dennoch: Wir kehren letztlich zur Technologie zurück und interagieren Tag für Tag, immer mehr mit computergestützten Agenten. Wir verhandeln mit ihnen, wir lernen mit ihnen, sie verstehen unsere Bedürfnisse und Emotionen. Aber inwiefern übertragen wir hier unsere normalen sozialen Regeln auf die Mensch-Maschinen Interaktion?
Der Mensch hat die Nase vorne – zumindest im Thema Soft Skills.
Das menschliche Miteinander basiert auf Vertrauen. So stark, dass dessen Wirkung oft unterschätzt wird. Und genau dieses fehlt uns oft zu unserem technischen Gegenüber.
Daher werden Computeragenten zunehmend mit anthropomorphen Merkmalen und autonomem Verhalten ausgestattet, um ihre Fähigkeiten zur Problemlösung zu verbessern und die Interaktion mit Menschen natürlicher zu gestalten.
Das stellt uns vor neue Herausforderungen, vertrauensbasierte Entscheidungen treffen zu können. Da Vertrauen sich eigentlich nur mit der Zeit entwickelt, ist es gerade gegenüber anthropomorphen Computern schwer zu sagen. Und wollen wir überhaupt, dass eine Vertrauensbindung entsteht?
Nach Jones und George[1] sind vor allem drei Merkmale der zwischenmenschlichen Abstimmung die Weichen für den Vertrauensaufbau wichtig:
- Unsere Werte: Sie bestimmen unsere Bewertungsgrundlage.
- Unsere Einstellungen: Objektspezifische Einstellungen bilden die Grundlage für das Erleben von Vertrauen bei verschiedenen Menschen.
- Unsere Emotionen: Sie sind Teil der Vertrauenserfahrung.
Alle drei sind sehr menschenspezifische Merkmale, die ein Computer nicht unbedingt hat. Studien zeigen allerdings, dass vielfältige Verkörperungen künstlicher Agenten nachweislich natürliche Reaktionen beim Menschen hervorrufen. Wie kann das sein?
Die Idee ist oft, Technologien mit menschenähnlichen Eigenschaften auszustatten, um Vertrauen aufzubauen. Da Menschen menschenähnliche Mimik und Gestik bestimmte Emotionen hervorrufen, wird so das Vertrauensverhältnis begünstigt.
Und von Computern ausgehende Ratschläge sind doch rationaler und objektiver als menschlicher Rat.
So erwartet es zumindest die Mehrheit. Dabei haben wir alle Schwierigkeiten das Vertrauen in Computerergebnisse mit der tatsächlichen Zuverlässigkeit der Ergebnisse in den Einklang zu bringen. Daran ist der Automatisierungs-Bias schuld, durch welchen wir computergenerierten Entscheidungshilfen eine größere Macht und Autorität zu schreiben als anderen Beratungsquellen. Man sollte nicht vergessen, hinter jeder Programmierung sitzt auch nur ein Mensch, der durch seine Wertevorstellung beeinflusst wird.
Denn schließlich dient die Technologie dem Menschen.
Wir als Menschen haben unsere eigene Programmierung – wir sind soziale Wesen, und das ist auch gut so. So werden technische Möglichkeiten langfristig zum Glück nicht ausreichen, echte Begegnungen zu Menschen zu imitieren. Soft Skills wie Vertrauen bleiben dem Menschen, denn digitale Möglichkeiten sind nur ergänzend, nicht ersetzend.
Als Miriam Mertens und ich uns zusammengetan haben, um DeepSkill zu gründen, war uns genau das wichtig. Der Mensch soll im Fokus stehen und mit ihm das Zwischenmenschliche. Daher gilt: Die Mischung macht´s. Die Technologie wird sich weiter entwickeln und weiterwachsen.
Aber ich bin überzeugt, und das gilt auch für die Zukunft:
Die Technologie kann vieles, aber wir Menschen können mehr.
[1] G. R. Jones and J. M. George. 1998. The experience and evolution of trust: Implications for cooperation and teamwork. Academy of Management Review