„Ich hab’s”. Wenn Wickie eine Idee braucht, reibt sich der berühmte Zeichentrickcharakter zweimal an der Nase, schnippst einmal kurz mit dem Finger und – zack – hat er eine Lösung für jedes x-beliebige Problem. Ist das nicht ein Traum? Wer ein bisschen mehr so wie Wickie sein will, der braucht in der dynamischen Arbeitswelt vor allem eines: Flexibilität. Und dabei geht es schon lange nicht mehr nur um zeitliche Flexibilität. Im Gegenteil: Es geht noch um viel mehr. Und es ist wichtiger denn je.
Warum Flexibilität in der Arbeit so wichtig ist
Aber noch mal einen Schritt zurück: Warum ist Flexibilität im Beruf überhaupt so wichtig? Googelt man nach den wichtigsten Fähigkeiten und Soft Skills für das 21. Jahrhundert, ist Flexibilität immer dabei. Denn klar ist: Die Zeiten, in denen wir leben, sind dynamischer, schnelllebiger und komplexer denn je. Digitalisierung, Globalisierung und Co. haben alle Gesellschaftsbereiche verändert – das Berufsleben vermutlich mit am meisten. Und dieser Prozess ist noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil: Wie künstliche Intelligenz unsere (Arbeits-)Welt weiter verändern wird, kann zum Beispiel noch niemand so genau absehen. Auch hat die Corona-Pandemie eine Entwicklung verstärkt, die auch schon vor Corona langsam ins Rollen kam: New Work. Alte, streng-hierarchische Strukturen lösen sich auf, starre Organisationsstrukturen gehören der Vergangenheit an und die Arbeit wird mobiler und vor allem eines: flexibler. Der Arbeitsplatz der Zukunft ist nicht mehr an einen festen Ort gebunden – Home Office lässt grüßen. Auch der klassische Nine-to-Five-Job wird nach und nach verschwinden. Projektbasiertes Arbeiten, agile Arbeitsmethoden und mehr kreativer Freiraum treten an die Stelle der alten Arbeit. All das erfordert Flexibilität. Auch oder gerade für Führungskräfte gilt das. In dieser dynamischen Arbeitswelt kann man ohne Flexibilität keinen Erfolg haben. Dr. Homa Bahrami, Expertin für flexibles Denken von der Haas School of Business, University of California, Berkeley, geht sogar noch weiter: „Die essenzielle Führungsqualität in der heutigen, dynamischen Welt ist die kontinuierliche Anpassungsfähigkeit an neue Realitäten.“ Der Begriff Flexibilität greift ihr dafür sogar noch zu kurz, weshalb sie gar von „Super-Flexibility“ spricht.
Flexibilität war gestern
Damit meint sie alle Aspekte von Flexibilität, auf die man in verschiedenen Situationen zurückgreifen kann. Das Ziel von Super-Flexibility ist ein Werkzeugkasten, aus dem man immer für jede Situation auf das richtige Werkzeug zurückgreifen kann. Denn wenn man einen Nagel in die Wand reinhauen möchte, kommt man mit einer Wasserwaage nicht weit. Ihr Tenor also: Es gibt nicht die Flexibilität in der Arbeit, vielmehr besteht diese aus mehreren Aspekten, die jeweils nur in bestimmten Situationen in der flexiblen Arbeitswelt weiterhelfen. Diese Fähigkeiten zählt Bahrami dazu:
Robustheit (Robustness) ist die Fähigkeit, Turbulenzen und Gegenwind auszuhalten, und sich so nicht vom eigenen Weg abkommen zu lassen. Robustheit zieht man erst aus Erfahrungen und Fehlern.
Agilität (Agility) ist die Handlungsfähigkeit bei Veränderungen. Dabei gilt es vor allem darum, Probleme schnell und dynamisch, aber auch zielsicher zu lösen.
Resilienz (Resilienz) bezeichnet die innere Widerstandskraft bei schwierigen Situationen und die Fähigkeit, aus Fehlern wiederum zu lernen.
Vorbereitet sein (Hedge your bets): Wer flexibel sein möchte, der kann sich nicht immer auf Plan A verlassen und muss sich dementsprechend absichern. Wer einen Plan B oder vielleicht sogar einen Plan C hat, ist für potenzielle Risiken gewappnet und kann so bestvorbereitet und bestmöglich auf anstehende Probleme reagieren.
Anpassungsfähigkeit (Versatility) ist die Fähigkeit, sich schnell und problemlos an neue Situationen anzupassen. Dabei greift man stets auf die richtigen Skills zurück. Um sich darin zu verbessern, hilft es schon, neuen Dingen aufgeschlossen zu sein und generell auch mal mit Themen zu beschäftigen, mit denen man sich noch nie auseinandergesetzt hat. Denn wer nur in einem Thema gut ist, der hat Probleme sich an Veränderungen anzupassen.
Wie Super-Flexibility hilft, das Beste aus dir herauszuholen
Um wirklich flexibel zu sein, reicht es Bahrami zufolge nicht, nur in einer bestimmten Hinsicht flexibel zu sein. Denn nur wenn der Werkzeugkasten prall gefüllt ist, ist man für jede Situation bestmöglich gewappnet. Führt man sich die erwähnten Veränderungen im Zuge der New Work vor das Auge, wird klar, warum das nötig ist. Dynamische Arbeit erfordert dynamische Lösungen. Das fängt nämlich schon im Kleinen an – sei es im Meeting oder bei der Übernahme einer neuen Verantwortung. Flexibilität ist da ja meist besonders gefragt und auch für die erfolgreiche Problemlösung besonders wichtig. Wer nämlich nie aus der eigenen Komfortzone herausgeht und alle Probleme so löst, „wie es schon immer gemacht wurde.“, entfaltet nicht sein vollständiges Potenzial. Wer das Beste nun aber aus sich herausholen möchte, der muss (anfangen) flexibel (zu) denken. Und das kann manchmal unangenehm sein. Das geht nämlich nur, indem man sich immer wieder selbst herausfordert, das eigene Handeln reflektiert und andere Perspektiven einnimmt.
Wenn das mal so einfach wäre. Aber schon auf eine gute Idee zu kommen, ist meistens gar nicht so einfach. Was Wickie kann, werden die wenigsten von uns können. Wer flexibel denkt, kommt dem Ganzen aber schon ein Stückchen näher. Um die eigene Flexibilität zu stärken und ähnlich kreativ mit der Entwicklung von Lösungen umzugehen wie der Kultcharakter, helfen folgende sechs Techniken:
6 Tipps für mehr Flexibilität oder wie du ein bisschen mehr wie Wickie sein kannst
1. Setz dich in Bewegung
Wer zu lange dieselbe Wand anstarrt, der blockiert das eigene Gehirn und hemmt sich so in den eigenen Möglichkeiten. Deshalb der einfache Tipp: Geh woanders hin. Die besten Ideen kommen einem nicht, wenn man stundenlang pausenlos am Schreibtisch sitzt. Ein Spaziergang kann zum Beispiel direkt für neue Impulse sorgen. Aber es kann schon helfen, wenn man sich einfach mal an den Küchen- statt an den Schreibtisch setzt.
2. Schreib’s auf
Manchmal kann es so einfach sein: Für diese Technik brauchst du nicht mehr als einen Stift, ein Blatt Papier und am besten noch einen Timer. Was du tun musst: Schreibe oben auf das Papier ein Problem auf, für das du eine Lösung brauchst. Dann stelle dir einen Timer auf 5-10 Minuten und schreibe alles auf, was dir zu der Fragestellung einfällt. Das Wichtigste bei dieser Methode: Denke nicht lange nach und schreibe einfach drauf los – am besten die ganze Zeit durch, ohne den Stift dabei abzusetzen. Auch wenn am Ende 93% Quatsch dabei herauskommen, kannst du immerhin mit den 7% arbeiten, auf die du vielleicht sonst nie gekommen wärst.
3. Frag dich: Was würde Jesus tun?
Oft kann es hilfreich sein, andere Perspektiven einzunehmen und sich zu fragen, was eine andere Person tun würde, wenn sie in derselben Situation wie man selbst wäre. Das muss sicherlich nicht Jesus sein, das kann aber genauso deine Mutter, dein Nachbar, dein Kollege oder sonst jemand sein, den man respektiert – mögen muss man die Person dabei nicht zwingend. So löst man sich um seinen eigenen eingeschränkten und oftmals auch starren Blickwinkel und erweitert seinen Horizont.
4. Setz dir deine Denkhüte auf
Die „Six Thinking Hats“ sind eine Technik von Edward De Bono, einer Koryphäe des kreativen Denkens. De Bono hat erkannt, dass das Gehirn in verschieden Modi arbeitet, für die er die sechs Hüte entwickelt hat: er unterscheidet in prozessorientiertes (blauer Hut), optimistisches (gelb), kritisches (schwarz), kreatives (grün), analytisches (weiß) und emotionales Denken (rot). Nach der Methode kann man sich die einzelnen Hüte ganz bewusst auf- und absetzen. Man kann zum Beispiel damit anfangen, sich den weißen Hut anzuziehen und sich zu fragen: Was muss ich wissen? Mit dem schwarzen Hut kann man sich fragen: Was kann alles schieflaufen? Will man sich danach wieder auf die positiven Aspekte konzentrieren, setzt man sich den gelben Hut auf usw. Auch diese Technik hilft dabei, verschiedene Blickwinkel einzunehmen, kann aber auch gleichzeitig bei Teamarbeit helfen, besser zu kommunizieren, wenn man zusammen im selben Modus denkt.
5. Setz dir ein neues Ziel
Jeder kennt es: Manchmal fährt man sich fest und schafft es partout nicht, ein (oft selbst gestelltes) Ziel zu erreichen. Bevor man da dann aber weiter und weiter sinnlos Energie verschwendet, kann es helfen, das Ziel umzuformulieren. Ein Beispiel: als ich vor ein paar Wochen eine Powerpoint-Präsentation erstellt habe, nahm ich mir vor, diese besonders schön zu gestalten – und das auf meine eigene Art und Weise. Ich habe da wirklich viel Energie reingesteckt, aber irgendwann musste ich konstatieren, dass es einfach nicht vernünftig klappen sollte. Also habe ich mir dann doch eine alte Designvorlage geschnappt, mir dabei aber ein anderes Ziel gesetzt: die Präsentation soll möglichst verständlich und sinnvoll strukturiert sein. Etwas, was wahrscheinlich auf der Strecke geblieben wäre, hätte ich mich weiter um das Design gekümmert. Am Ende stand eine Präsentation, mit der ich zwar nicht mein erstes Ziel erreicht habe, die aber trotzdem mehr als ihren Zweck erfüllen konnte.
6. Frag dich: Wie können wir es möglichst schlecht machen?
Auch hierbei versucht man eine andere Perspektive einzunehmen. Stell dir vor, das Ziel deines Projekts oder einer anderen Aufgabe ist nicht, es möglichst gut zu machen, sondern möglichst schlecht. Wie kann ich dafür sorgen, dass wir möglichst unproduktiv sind? Was muss dafür passieren, dass meine Mitarbeiter möglichst unproduktiv sind. Diese Technik ist darauf ausgelegt, völlig anders als sonst zu denken und so zu neuen Erkenntnissen zu kommen. Wenn man weiß, wie man alles so schlecht wie möglich machen kann, kann man das nutzen, um es wiederrum so gut wie möglich zu machen.
Wie auch mir Flexibilität beim Arbeiten geholfen hat
Eines haben alle Techniken für mehr Flexibilität gemeinsam: Sie helfen, andere Perspektive einzunehmen und somit auch anders auf Probleme zu schauen, für die man so besser auf eine Lösung kommt. Auch mir haben diese Techniken beim Schreiben dieses Artikels geholfen. Ich habe lange hin- und herüberlegt, wie ich den Artikel einleiten soll. Als Aufhänger wollte ich unbedingt ein Zitat nehmen – ich hatte da sogar grob eines im Kopf, aber ich wusste nicht, von wem es stammt. Nach langem Suchen musste ich konstatieren: Das ist eine Sackgasse – warum muss es überhaupt ein Zitat sein? Als ich dann am nächsten Tag spazieren war, kam mir endlich die zündende Idee. Seitdem kennt jeder in meinem Team bei DeepSkill mein neues Credo: Be like Wickie!